Ereignisse

Flucht in die Schweiz

Der Pilot benutzte diese Maschine für seine Flucht in die Schweiz – er landete in Magadino. Das Flugzeuge wurde am 23.01.1947 an Italien zurück gegeben.

Der mattschwarz gestrichene Nachtjäger kurz nach der Landung in Magadino. (321_1)

Der mattschwarz gestrichene Nachtjäger kurz nach der Landung in Magadino. (321_1)

Nachdem die Alliierten am 10. Juli 1943 auf Sizilien gelandet waren, braute sich in Rom eine politische Krise zusammen. Mussolini wurde gezwungen zurückzutreten. An seine Stelle trat König Victor Emanuel. Die Italiener erkannten die Zeichen der Zeit, und in der Folge nahm Marschall Badoglio geheime Kontakte mit den Alliierten auf. Die Verhandlungen gipfelten am 3. September 1943 in der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsvertrages zwischen der italienischen Regierung und den Alliierten. Hitler blieb nicht tatenlos und liess die wichtigsten italienischen Städte besetzen und die Armee des Landes entwaffnen. Der hoch industrialisierte Norden blieb noch für längere Zeit eine willkommene Waffenschmiede des Dritten Reiches, und in der Folge wurden die meisten Industriestädte Opfer grossangelegter Bombenangriffe durch die 15th Air Force. Der Krieg teilte nun bis zu seinem Ende das italienische Volk. Während der Süden offen mit den Alliierten sympathisierte, konnte sich Mussolini mit seiner in Salo am Gardasee gebildeten faschistischen Gegenregierung noch bis zum Zusammenbrechen der Front im April 1945 halten. Die Kapitulation Italiens und der damit verbundene Einmarsch deutscher Truppen in unser Nachbarland sorgten auch in der Schweiz für einige Aufregung. Die Flugwaffe erhöhte in der Folge ihre Aufklärungsflüge an der Südgrenze zwischen St. Gingolph und dem Unterengadin. Im September 1943 wurden nicht weniger als 87 Grenzverletzungen registriert. Die Kapitulation Italiens führte zu einer Verunsicherung innerhalb der Armee. Einige der Soldaten hätten gerne an der Seite der Alliierten weitergekämpft, andere entschieden sich zum Verbleib an Deutschlands Seite. Aus den deutschfreundlichen Piloten ging dann die Aviazione Nazionale Repubblica (A.N.R.) hervor. Die A.N.R. war in den kommenden Monaten in verlustreiche Abwehrkämpfe gegen Bomber und Begleitjäger der 15th Air Force involviert. Einige Piloten hegten auch den Gedanken einer Flucht in die neutrale Schweiz. Der Kommandant der 234 Squadriglia der 60 Gruppo in Venegono stellte es seinen Piloten frei, das zu tun, was sie für richtig empfanden. Diese Nachtjagdeinheit war mit Fiat C.R.42CN (Caccia Notturna, Nachtjäger) sowie den neuen Reggiane Re 2001 ausgerüstet. Die letztgenannte Maschine war aber wegen ihrer Defektanfälligkeit nicht sehr beliebt. Drei Männer aus der 234 Squadriglia zogen die Internierung einer drohenden Gefangenschaft vor.

Die Fiat C.R.42 Falco von vorne gesehen.

Die Fiat C.R.42 Falco von vorne gesehen. (321_1a)

Capitano Mario Anselmi war Staffelkommandant der 234 Squadriglia, sein Kollege Gaetano Lodi ein Kriegsveteran, welcher schon im spanischen Bürgerkrieg S.79-Bomber geflogen hatte. Der Sottotenente war zuvor als Jagdpilot zur Verteidigung Roms eingesetzt gewesen. Sergente-Maggiore Luciano Miserocchi wurde als Elektriker der 234. Staffel zugeteilt, um die komplizierte Elektrik der Reggiane Re 2001 von Defekten freizuhalten. Das Trio setzte die Flucht auf den 10. September 1943 an. Gemeinsam sollte von Vegenono bei Varese nach Bellinzona geflogen werden, um sich dann internieren zu lassen. Hauptmann Anselmi, im Zivilberuf Linienpilot bei der Ala Littoria, wäre am liebsten zu den Alliierten geflohen, doch hätte die Treibstoffkapazität aller in Venegono stationierten Flugzeuge für ein solches Unterfangen nicht gereicht. Hauptmann Mario Anselmi benützte für seine Flucht in die Schweiz eine Fiat C.R.42CN (Werknummer MM9128). Diese Maschine wurde im Juli 1942 bei den Fiat-Werken in Turin gefertigt. Sie war Bestandteil eines 160 Maschinen umfassenden Bauloses, welches die Werknummern MM9125 bis MM9284 umfasste. Als Nachtjäger erhielt die Maschine einen mattschwarzen Anstrich. Während die Hoheitszeichen vor dem Start schwarz übermalt wurden, blieb die Staffelmarkierung 234-3 in Rot erhalten. Um 13.30 Uhr startete der aus Ferrara stammende Anselmi Richtung Bellinzona. Schliesslich zog der Pilot dann die etwas längere Piste von Magadino vor, wo er um 13.50 Uhr normal aufsetzte und anschliessend von Offizieren des Schweizer Nachrichtendienstes verhört wurde. Die Spezialisten der Fliegertruppe stellten noch 240 Liter Treibstoff in den Tanks und zwei vollständige Munitionsgurten fest. Die Fiat C.R.42 machte einen allgemein schlecht gewarteten Eindruck. Ferner wurde eine unregelmässige Bremswirkung des Fahrwerkes festgestellt, was auf eine schlecht eingestellte Bremsanlage zurückzuführen war.


Ereignissdatum 10.9.1943
Ereignisszeit 17.00
Ort Magadino
Kanton TI
Ereignis Landung
Nation Italien
Flugzeugart Jäger
Flugzeugtyp Fiat C.R.42
Flugzeugbezeichnung Fiat C.R.42 Falco
Einteilung 234 Squadriglia, 60 Groupo
Basis Venegono (I)
Rückkehr 23.01.1947 zurück an Italien
Werknummer MM 9128
CH Archiv Nr. I002
Besatzung Pilot: Mario Anselmi, Capitano
Quelle Fremde Flugzeuge in der Schweiz
Autor Theo Wilhelm