Ereignisse

Verflogen

Die Maschine mit dem Kennzeichen U5+BD landete kurz nach Mitternacht in Basel-Birsfelden. Am 19.09.1940 wurde sie an Deutschland zurückgegeben.

Die U5+BD kurz nach den Überflug von Basel auf dem Flugplatz Dübendorf. (2_1)

Das erste fremde Flugzeug des Zweiten Weltkrieges landete in der Nacht vom 21. April 1940 in der Schweiz. Die Lage war auch in der Schweiz angespannt. Erst am 9. April hatten Hitlers Truppen das norwegische Narvik eingenommen und waren im neutralen Dänemark einmarschiert. Nun sprach man von einer geplanten Westoffensive, die Frankreich in die Knie zwingen sollte. Zahlreiche Erkundungsflüge sollten Aufschluss über Truppenstärke und Standorte des Gegners geben. Am 20. April 1940 startete eine Do-17 Z-3 des Stabes der III. Gruppe des Kampfgeschwaders 2 in der Gegend von Würzburg zu einem Erkundungsflug über Frankreich. Die vierköpfige Besatzung unter dem Kommando von Leutnant Horst von der Groeben bestand im Weiteren aus dem Piloten Unteroffizier Waldemar Schweinock, dem Bordmechaniker Unteroffizier Walter Böke sowie dem Funker Unteroffizier Otto Hermann.

Kurz nach Mitternacht gab das Sendegerät den Geist auf und es konnte keine Peilung mehr vorgenommen werden. Zudem wurde die Maschine von der französischen Flab entdeckt und sofort unter Beschuss genommen. Der grosse Stress im Cockpit und die Ausweichmanöver führten wohl dazu, dass die Besatzung vollends die Orientierung verlor. Schweinock flog dann wohl nur noch nach Gefühl und ein kräftiger Nordwind tat sein Bestes für eine gehörige Abdrift des Flugzeuges.

Als sich die Besatzung über einem grossen Fluss befand wähnte sie sich über dem Main und die hell beleuchtete Stadt brachte sie mit Hitlers Geburtstag in Zusammenhang. Wenig später zeichneten sich die Umrisse eines Flugplatzes ab und Leutnant von der Groeben schoss eine grüne Leuchtkugel ab. Sofort wurde die Piste ordnungsgemäss Beleuchtet und die Besatzung glaubte nun erst recht einen deutschen Fliegerhorst anzufliegen. Die Benzinuhr zeigte bereits Ebbe an und die Dornier konnte nicht mehr lange in der Luft gehalten werden. Um 01.15 Uhr setzte Schweinock seine Maschine problemlos auf dem unbekannten Flugplatz auf. Beim Ausrollen in der Dunkelheit wurden dann noch die hintere Rumpfseite, das rechte Seitensteuer und die Heckradverkleidung beschädigt. Die Besatzung verliess die Maschine und bewegte sich auf eine Menschengruppe zu. Erst jetzt bemerkten sie die Schweizer Uniformen. Die deutsche Besatzung wurde entwaffnet und im letzten Augenblick konnte noch verhindert werden, dass Schweinock mit einer mitgeführten Brandbombe die Do-17 zerstören konnte.

Neben der in der Einstiegsklappe eingebauten Kamera konnte dieser Aufklärer auch 500kg Bomben mitführen. (2_2)

Neben der in der Einstiegsklappe eingebauten Kamera konnte dieser Aufklärer auch 500kg Bomben mitführen. (2_2)

Hauptmann Jenny vom Grenzschutzbataillon 257 eröffnete nun den Deutschen, dass sie in Basel-Birsfelden, nur wenige Meter von der deutschen Grenze entfernt gelandet seien. Die Besatzung wurde in getrennten Räumen interniert und das Flugzeug im Hangar des Zivilflugplatzes unter Bewachung gestellt.

Die Befragung der Besatzung ergab zunächst, dass sie sich auf einem Übungsflug verflogen hatte. Bereits am folgenden Tag wurden die deutschen Kennzeichen U5+BD überspritzt und provisorische Schweizerkreuze angebracht. In der Zwischenzeit war auch der zum Oberstleutnant beförderte Karl Högger in Basel-Birsfelden eingetroffen. Högger hatte bereits ein Jahr zuvor in Dübendorf die Do-17 erprobt und geflogen. Da sich aber in der gelandeten Maschine an Stelle der Daimler-Benz Reihenmotoren zwei Bramo 323 Triebwerke befanden, liess Högger den in Liestal internierten Schweinock wieder nach Basel-Birsfelden bringen. Waldemar Schweinock liess sich jedoch keine Angaben über die Startprozedur entlocken und erwähnte nur: Sie werden das Flugzeug schon beim ersten Start hinschmeissen, da der kleinste Fehler der Trimmung genügt! Nach einigem Herumtüfteln war es jedoch Högger und seinen Mechanikern gelungen den Bramo-Motoren wieder Leben einzuhauchen. Um 18 Uhr startete die von Karl Högger gesteuerte Do-17 in Begleitung dreier Schweizer Messerschmitt Bf 109 Richtung Dübendorf. Bereits am 22. April um 9.30 Uhr hob der Bomber erneut ab, diesmal mit dem Ziel Emmen.

Im Spätsommer 1940 verfügte der Bundesrat auf Druck der deutschen Regierung, dass alle in der Schweiz internierten Flugzeuge wieder an das „Dritte Reich“ zurückzugeben seien. Die Do-17 befand sich als einzige in einem betriebsbereiten Zustand. Bereits am 28. Juni 1940 konnte die Besatzung der Do-17, zusammen mit elf weiteren Angehörigen der Luftwaffe in Lörrach an die deutsche Wehrmacht übergeben werden. Die Schweizer Stellen vereinbarten mit Berlin, dass eine deutsche Besatzung die Dornier in Emmen übernehmen sollte. Wenig später reiste Oberleutnant Reinhard Hausin als Delegationsleiter zusammen mit Flugzeugmechaniker Siegfried Burgmayer sowie dem Funker Werner Baecker über den Badischen Bahnhof Basel in die Schweiz ein. Am 19. September 1940 trafen sich die Deutschen – wie vom Kommandanten der Fliegertruppen, Oberstldivisionär Bandi, angeordnet – um 10 Uhr im Bahnhofbuffet Luzern mit Oberstleutnant Karl Högger und weiteren hochrangigen Schweizer Offizieren. Mit zwei Autos erreichte die Gruppe den Flugplatz Emmen, der zu diesem Zeitpunkt einer Geisterstadt glich. Wenige Stunden zuvor war ein Grossteil der Soldaten und Offiziere mit Camions nach Luzern verfrachtet worden. Das wenige noch verbliebene Personal schloss alle Hangartore. Mit diesem Vorgehen wollten die Eidgenossen ihren deutschen Gästen so wenig Einblick wie eben möglich in den Flugbetrieb geben. Um die Mittagszeit übernahm die Delegation formell den Bomber, nachdem sie sich überzeugt hatten, dass kein Gegenstand fehlte. Die Deutschen, die alle Zivilkleidung trugen schnallten sich ihre Fallschirme um und überflogen den Bomber zusammen mit Karl Högger nach Altenrhein, wo sie um 12.30 Uhr aufsetzten. Da die Dornier immer noch Schweizer Kennzeichen trug mussten diese wieder durch eine deutsche Kennzeichnung ersetzt werden. Nachdem gegen 17 Uhr die zuständigen Dienststellen in Bern grünes Licht gegeben hatten, konnte die Do-17 gegen 18 Uhr endgültig die Schweiz verlassen.


Ereignissdatum 21.4.1940
Ereignisszeit 01.10
Ort Birsfelden
Kanton BL
Ereignis Landung
Nation Deutschland
Flugzeugart Bomber
Flugzeugtyp Dornier Do-17
Flugzeugbezeichnung Dornier Do-17 Z-3
Einteilung Stab III. Staffel, Kampfgeschwader 2
Basis Würzburg (DE)
Auftrag Erkundung
Einsatzziel Frankreich
Rückkehr 19.09.1940 Rückgabe an Deutschland
Kennzeichen U5+BD
CH Archiv Nr. D001
Besatzung Kommandant: Horst Von der Groeben, Leutnant
Pilot: Waldemar Schweinock, Unteroffizier
Bordmechaniker: Walter Böke, Unteroffizier
Funker: Otto Hermann, Unteroffizier
Quelle Fremde Flugzeuge in der Schweiz
Autor Theo Wilhelm